12.09.2010 | Schwäbische Zeitung

Denkmäler sind immer Sehenswürdigkeiten

Die Eröffnung des Tages des offenen Denkmals 2010 hat landesweit am Samstag in Friedrichshafen einen zum Leitthema der Veranstaltung höchst passenden Eröffnungssort gefunden. Im Zeppelin Museum ging es um "Kultur in Bewegung - Reisen, Handel und Verkehr".

(FRIEDRICHSHAFEN/sz) Von unserem Redakteur Ralf Schäfer

Der Erste Bürgermeister der Stadt, Dr. Stefan Köhler brachte es in seiner Begrüßung unter: Die Stadt Friedrichshafen hat so viel mit dem Leitthema des „Tages des offenen Denkmals" zu tun, wie kaum eine andere Stadt im Land, 1824 fuhr von hier aus das erste Dampfschiff, die ‟Wilhelm", auf dem Bodensee, 1847 wurde das erste Teilstück der Südbahn Friedrichshafen-Ravensburg eröffnet, die erste Fähre fuhr aus Friedrichshafen ab, das erste Luftschiff und an Pionieren im Motorenbau und Verkehrswesen hat es mit berühmten Namen wie Maybach und Dornier ebenfalls einiges zu bieten - und das bis heute.

Mit dem Thema „Kultur in Bewegung - Reisen, Handel und Verkehr" bot sich dan auch für die beiden folgenden Redner der feierlichen Eröffnung unter dem Zeppelin-Nachbau im Museum genügend Stoff, zwischen den von Köhler angesprochenen Aspekten und allgemeinen Betrachtungen zum Thema Denkmal zu philosophieren.

Für Staatssekretär Richard Dralltz, der die Eröffnung vornahm, bedeutet Denkmalpflege nicht nur eine höchst wichtige Arbeit für Historiker, sondern ist auch Werkzeug zur Förderung des regionalen Mittelstandes. Immerhin habe das Land allein im vergangenen Jahr 152 Millionen Euro für die Instandsetzung von Denkmälern ausgegeben, Geld das der regionalen Wirtschaft zu Gute komme, da rund 80 Prozent der Kosten Handwerkslöhne seien. Mit Sonderprogrammen fördere das Land den denkmalgerechten Umbau. erhaltenswerter Gebäude zu neuen Nutzungszwecken, was zum einen die Infrastruktur in den Städten verbessere, andererseits aber auch die Denkmäler erhalte.

Denkmäler helfen der Konjunktur

8,5 Millionen Euro würden für Forschung und Publikationen ausgegeben. Erhaltung und Sanierung von Denkmälern würden auf regionaler Ebene organisiert und bereicherten dort auch die Konjunktur. Dass Denkmalschutz nicht immer nur eine teure Belastung für die Besitzer der besagten Gebäude sei, zeige die hohe Fördersumme, mit der sich das Land an den Kosten beteilige. „Denkmäler brauchen Akzeptanz", sagt Drautz und führt als positive Beispiele Bürgerinitiativen an, wie die, die sich in Konstanz für die Erhaltung der Bodenseefähre Meersburg ex Konstanz eingesetzt habe.

Der neue Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege zeigte dann in einem kleinen Exkurs, dass Denkmalpflege aber auch höchst aktuell sein kann. Am Beispiel "Stuttgart 21" zeige sich, dass Denkmäler immer wieder den Bedürfnissen der Ökonomie und Zeit angepasst werden müssten . .Dass während dieser Excursion der Ton aus den Lautsprechern plötzlich zu einem unverständlichen Rauschen wurde, qUittierten die versammelten Gäste aus, Land und Stadt mit fröhlichem, Gelächter. Inhaltlich ließ sich Dr. Wolf nicht weiter auf dieses heiße Thema ein. Statt dessen leitete er über auf einen Vortrag von Prof, Hermann Bausinger, dem ehemaligen Leiter des Ludwg-Uhlands-Institutes für Empirische Kulturwissenschaften der Universität Tübingen, Unterhaltsam und an keiner Stelle akademisch in die Länge gezogen zeigte Prof. Bausinger mit dem Wandel der Last- zur Lust-reise, wie spannend, kurzweilig und abwechslungsreich, bisweilen gar humorvoll Denkmäler, ihre Geschichte und die sie umgebenden Themen sein können. Von Reisen aus wirtschaftlichen Zwängen heraus, den Gesellenfahrten, den Reisen der Schwabenkinder über die Anfänge des Tourismus, der den eher wohlhabenden Menschen vorbehalten war, bis hin zu Fragen des Massentourismus, der feinen Unterscheidung zwischen Touri und Tourist oder der unklaren Zukunft des Reisens philosophierte Bausinger und setzte an einigen Stellen seine Akzente.

Sehenswürdigkeiten, die wir auf unseren Reisen besuchen würden, seien in der Regel immer Denkmäler, Denkmäler hingegen seien ausnahrrslos Sehenswürdigkeiten.

Durch Reisen geriet und gerät Kultur in Bewegung. Kultureller Austausch sei immer wieder durch die Reisen von Künstlern und Architekten genährt worden. Es kommt aber auch Bewegung in die Kultur, deren Motor unter dem Strich der Tourismus ist. Und immer wieder stehen die Denkmäler als Gegengewicht zu „wildgewordenen Baulöwen", haben ihre kulturelle Bedeutung, die niemals unerkannt sein dürfe.

Dass während seiner Ausführungen über die Walz der Handwerks-Gesellen und der wirtschaftlichen Reise-Historie just ein wandernder Geselle am großen Schaufenster des Zeppelin Museums vorbeischritt und einen Blick, auf die Versammelten warf, darf wohl auch so etwas wie dem Zufall zu geschrieben werden.

 

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