22.01.2011 | Schwarzwälder Bote

Kleines Gesamtkunstwerk der Stadt

Von Armin Schulz

Rottweil. Der Kapuziner lebt. Endlich. Das frühere Kloster am Rande der historischen Stadt ist gestern nach zweijähriger Bauzeit und noch längerer Diskussion als Mehrgenerationenhaus eröffnet worden. In den Reden wurde die gelungene Verbindung zwischen Neu und Alt gewürdigt. Und vor allem das Engagement der Bürgerinitiative.

Spätestens seit gestern mag sich wohl keiner mehr vorstellen, was aus dem Kapuziner geworden wäre, hätte die Bürgerinitiative vor rund sieben Jahren nicht das Zepter in die Hand genommen. Im schlimmsten Fall wäre dort ein Parkhaus gebaut worden. Was wohl die vielen Kapuzinerbrüder dazu gesagt hätten, die gestern anlässlich der Eröffnung des ehemaligen Klosters der Feierstunde beiwohnten.
Die Bürgerinitiative mit ihren vielen rührigen Mitgliedern, allen voran Henry Rauner als Vorsitzender, hat die Stadt vor diesem Fauxpas bewahrt. "Ohne sie würde er vielleicht nicht mehr stehen", so Oberbürgermeister Ralf Broß bei der Feier im schmucken Sonnensaal. Der OB stand schon immer voll und ganz hinter dem Projekt und verteidigte es im Gemeinderat, wenn es darauf ankam. Und das war noch jüngst der Fall.
"Aus dem "Schandfleck" und er "maroden Kiste" ist ein "Schmuckstück" für Rottweil geworden, sagte Broß. Der Kapuziner sei nun ein Beispiel, wie aus der Bürgerschaft heraus Verantwortung übernommen wurde. Broß verwies auf vielfache finanzielle Unterstützung. Für die Baukosten von rund 7,8 Millionen Euro gab es öffentliche Zuschüsse. Zwei Drittel machen diese laut Broß aus.
Lob, Annerkennung und Dank an alle Beteiligten spiegelte sich in den Grußworten wider. Und zuweilen die Hoffnung, dass jetzt, angesichts der gelungenen Sanierung, auch die letzte Kritiker verstummen und zu Fans des neuen Bürgerhauses werden.
Der erste Mann der Bürgerinitiative Henry Rauner könnte weitere Zustimmung gut gebrauchen. Denn es kamen nicht so viele Spenden zusammen wie von ihm erhofft. 300.000 Euro wollte die Initiative aus eigener Kraft beisteuern. 248.000 Euro sind es geworden. Wenn jetzt noch von Kritikern was komme, "gell Herr Aden", so Rauner direkt an die Adresse des Stadtrats, der bis zuletzt das Projekt bemängelte, komme man hin. "Dann ziehe ich auch den Hut vor Ihnen."
Dies hat, retorisch gesehen, auch der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Volker Kauder. "Stadt und Bürger machen sich heute ein außergewöhnliches Geschenk", es sei der Lohn der jahrelangen Arbeit. Der Kapuziner sei so etwas wie ein kleines Gesantkunstwerk. Die Stadt habe einen Ruf begründet als "Stadt der schönsten Räume", sagte Kauder. Der Kapuziner sei ein Beispiel dafür, "was Bürger bewegen können, wenn sie sich selbst bewegen."

Zentraler Ort der Begegnung und Kultur

Hans Freudenberg als Amtschef im Wirtschaftsministerium betonte den mutigen und sensiblen Umgang mit der historischen Bausubstanz. Wichtig sei, dass es keinen historischen Neuaufbau gegeben habe.
Baudenkmale seien zudem wichtig für die historische Identität der Stadt. "Die Sanierung des Kapuziner-Klosters ist gelungen, weil Rottweil eine zupackende Kommunalpolitik und ein gutes Zusammenwirken zwischen Rathaus, Stadtrat und Bürgerschaft", so der Ministerialdirektor. Von einem "langen Atem", der notwendig war und gezeigt wurde, sprach der Landeskonservator beim Landesamt für Denkmalpflege Michael Goer. Der Kapuziner sei eine nicht alltägliche, aber beispielhafte Gesamtinstandsetzung. Die Denkmalpflege setze dabei bewusst auf moderne Architekturelemente wie den Dachreiter , der offensichtlich nicht nach jeder Manns Geschmack ist.
Gerold Jäger, Ortskurator der deutschen Denkmalstiftung, sagte, Erhalt und Renovierung zeugten davon, dass sich die Rottweiler des Wertes dieses Hauses bewusst seien. Und der Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung Christoph Dahl äußerte, er wünsche, dass der Kapuziner sich zu einem zentralen Ort der Begegnung und Kultur entwickle.
Die Kapuzinerseele habe er gleich gespürt, so Rauner. Sie hat wohl ihn beseelt, das Amt als Vorsitzender der Bürgerinitiative, die inzwischen 375 Mitglieder zählt, zu übernehmen.
So viel Neues indes war für die Seele des einstigen Klosters dann doch zu viel. Nur so ist zu erklären, dass die so genannte Beamertechnik in den entscheidenden Momenten ihren Geist aufgab. Doch das tat der Aufbruchstimmung gestern keinen Abbruch.

 

zurück zu Übersicht